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Bengalen
Bengalen bezeichnet eine
historische Region im Nordosten Südasiens, die sich auf die heutigen
Gebiete von Bangladesch (Land der
Bengalen) als auch die indischen Bundesstaaten Westbengalen, Bihar,
Jharkhand, Tripura und Orissa erstreckte.
Geschichte
Bengalen wurde im 6.
Jahrhundert ein einheitlicher Siedlungsraum; der erste selbständige König
von Bengalen ist aus der Zeit um 606 n.Chr. überliefert. Danach folgten
zahlreiche zunächst buddhistische, dann hinduistische Reiche. Während der
hindusitischen Herrschaft wurden in Bengalen viele Tempel und
außergewöhnliche religiöse Baudenkmäler errichtet.
Unter der Sena-Dynastie, die von 1095 bis 1260 herrschte, wurde die
bengalische Sprache zu einer eigenen und wichtigen Sprache im nördlichen
Indien und hinduistische Bräuche traten zunehmend an die Stelle
buddhistischer Praktiken.
Im frühen 13. Jahrhundert wurde Indien
(einschließlich Bengalen) durch die muslimische Dynastie der Ghuriden
erobert. Während der frühen Moslem-Zeit wurde das frühere Königreich zum
Sultanat von Bangala, zwischenzeitlich wurde Bengalen
auch vom Sultanat von Delhi verwaltet. Der fortwährende Wechsel zwischen
afghanischen und türkischen Herrschern des Sultanats wurde schließlich
im 16. Jahrhundert durch die Herrschaft der Mogulen abgelöst.
Im Jahr 1534 gelang es dem afghanischen Sher Shah Suri (oder Farid Khan)
- einem Mann von hohem politischen und militärischen Geschick - die
überlegenen Streitkräfte der Mogulen unter Humayun bei Chausa (1539) und
Kannauj (1540) zu besiegen. Sher Shah ging in die Offensive und eroberte
sowohl Delhi als auch Agra und errichtete das machtvollste bengalische
Königreich aller Zeiten, das sich weit in das Gebiet des Panjab hinein
ausdehnte. Die nur fünf Jahre seiner Regierungszeit (er starb im Jahr
1545) hatten große Auswirkungen auf Gesellschaft, Politik und Wirtschaft
des indischen Subkontinentes.
Den Nachfolgern von Shah Suri fehlte dessen verwaltungstechnisches
Geschick und sie zerstritten sich über die Fortführung des bengalischen
Reiches. Humayun, der noch einen Rest-Mogulstaat regierte, erkannte die
Gelegenheit und eroberte Lahore und Delhi im Jahr 1554. Nach Humayuns
Tod (1556) übernahm Akbar die Macht, der bedeutendste der
Mogulherrscher, der die Karani-Herrscher in Bengalen im Jahr 1576
besiegte und die Herrschaft auf Gouverneure übertrug. Unter Akbars
fortschrittlichem Wirken genossen Bengalen und Nordindien eine Zeit des
Wohlstandes in Handel und Entwicklung.
Bengalens Handel und Wohlstand beeindruckten die Mogulherrscher so sehr,
dass sie die Region zu jener Zeit das „Paradies der Völker“
nannten. Die Gouverneursverwaltung (1575–1717) unter den Nawabs von
Murshidabad ermöglichte Bengalen eine beschränkte Selbständigkeit, die
von den Mogulen in Delhi respektiert wurde.
Aber durch das Vordringen der britischen East India Company
wurde die Herrschaft der Nawabs entscheidend geschwächt. Am 23.
Juni 1757 besiegten die Briten die Truppen des Nawab in der Schlacht bei
Plassey und setzten einen eigenen Nawab für Bengalen ein, während sie
gleichzeitig ihren Einfluss auf den Süden des Landes ausdehnten.
Mit dem Untergang des Mogulreiches in Nordindien wanderte das Zentrum
von Kultur und Handel von Delhi nach Kolkata (Kalkutta). Die Aufstände
von 1857 beendeten schließlich die Herrschaft der East India Company und
unterstellten Bengalen direkt der britischen Krone.
Britische Herrschaft
Bengalen war seit jeher ein Zentrum für den Anbau von Reis und hochwertiger
Musselin-Baumwolle, außerdem der weltweit größte Erzeuger von Jute-Fasern. Seit
den 1850er Jahren entwickelte sich das Land zu einem der wichtigsten
Industriezentren Indiens. Diese konzentrierten sich in der Hauptstadt Kalkutta
und in ihren rasch aufstrebenden Vorstädten. Die Mehrheit der Bevölkerung blieb
jedoch von der Landwirtschaft abhängig, und so gab es vor allem in den
westlichen Landesteilen eine Reihe von stark unterentwickelten Distrikten,
obwohl Bengalen als ganzes in der indischen Politik und Kultur stets eine
führende Rolle spielte. Der erzwungene Indigo-Anbau führte 1859-62 zu den ersten
bedeutenden Unruhen der Landbevölkerung gegen das koloniale Wirtschaftssystem.
Politisch war Bengalen unter der britischen Herrschaft ein Teil der
Präsidentschaft Bengalen. Im Jahr 1877 erhielt Königin Victoria den Titel
Kaiserin von Indien, und die Briten erklärten Kalkutta zur Hauptstadt der
„Kronkolonie Indien“. Am 16. Oktober 1905[1] wurde Indiens
bevölkerungsreichste Provinz Bengalen (eine der aktivsten im
Befreiungskampf) von den Briten aus verwaltungstechnischen Gründen geteilt -
in einen westlichen Landesteil einschließlich Bihars und Orissas mit
überwältigender Hindu-Mehrheit und einen östlichen Landesteil einschließlich
der Provinz Assam mit deutlicher Moslem-Mehrheit.
Indische Nationalisten sahen diese Teilung als ein Mittel der britischen
Kolonialherren, Zwietracht unter der bengalischen Bevölkerung zu säen, die
in Sprache und Geschichte immer eine Einheit gebildet hatte. Nach mehreren
gewalttätigen Unruhen revidierten die Engländer die Teilung Bengalens im
Jahr 1912.
Unabhängigkeit
Als 1947 die Teilung der ehemals britischen Kolonie Indien in einen
hinduistischen Teil und einen moslemischen Teil erfolgte, spaltete sich
Bengalen wieder entlang fast der gleichen Grenzlinien wie 1905. Die Teile
bildeten fortan den indischen Bundesstaat Westbengalen und die pakistanische
Region Ostbengalen, die 1958 in Ostpakistan umbenannt wurde.
Bis zum Ende des folgenden Jahrzehnts rebellierte Ostpakistan gegen die
westpakistanische Militärherrschaft. Der daraus entstandene
Unabhängigkeitskampf führte zum Bangladesch-Krieg und 1971 dann zur Gründung
der unabhängigen Republik Bangladesch.
Quellen
Bildnachweis
Weblinks