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Wüstung

Der Begriff Wüstung (auch Ödung oder Elende) ist die Bezeichnung für eine aufgegebene Siedlung oder Wirtschaftsfläche (Flurwüstung), an die nur noch Urkunden, Flurnamen, Reste im Boden, Ruinen oder örtliche mündliche Überlieferungen erinnern. Nicht dazu zählen archäologische Einzeldenkmäler wie Burgen oder einzelne Ruinen inmitten bewirtschafteter Regionen. Gelegentlich wird die Bezeichnung auch auf Ortschaften angewendet, die erst seit dem 20. Jahrhundert devastiert wurden, z. B. durch den Braunkohletagebau.

Wüstungsperioden nennt man Zeiten, in denen viele Siedlungen durch Bevölkerungsrückgang aufgegeben wurden.

Aufgegebene Siedlungen vorgeschichtlicher Zeit werden nicht als Wüstung bezeichnet. Auch in der Antike gab es Wüstungen, ohne dass man sie gewöhnlich als solche bezeichnet.

Hingegen sind Geisterstädte Siedlungen der Neuzeit, die durch verlassene und weitgehend erhaltene Bauwerke gekennzeichnet sind.

Der durch Abbau bzw. Grubenbrände entstehenden Leerraum im Steinkohlenbergbau wird ebenfalls als Wüstung bezeichnet

Wüstungsschema nach Scharlau

Der Geograph Kurt Scharlau unterschied in den 1930er Jahren verschiedene Arten von Wüstungen:

  • Dorfwüstung
  • Flurwüstung
  • partielle Wüstung (teilweise Aufgabe)
  • permanente Wüstung
  • temporäre Wüstung (zeitweiliges Verlassen und Wiederbesiedlung)
  • totale Wüstung

Sein Schema wurde seitdem mehrfach erweitert; es wird aber kritisiert, da es der Dynamik der Siedlungsexpansion und -regression (= Wüstungsprozesse) nicht gerecht werde.

Siedlungswüsten

„Siedlungswüstungen“ sind völlig aufgegebene dörfliche Siedlungen. Ausgeprägte Wüstungsvorgänge gab es in Europa im frühen und späten Mittelalter. Wüstungen sind aber nicht ausschließlich ein Phänomen der europäischen Siedlungsgeschichte, sondern es gibt auf der ganzen Erde aufgegebene Siedlungen. In vielen Gegenden setzte die schriftliche Überlieferung erst spät ein.

Viele Wüstungen werden nur zufällig entdeckt, weil sie von Wald oder Buschwerk überwachsen sind bzw. durch Erosion eingeflacht wurden. Manchmal machen sich verborgene oder eingeebnete Wüstungen in Luftbildern bei flachem Sonnenstand durch ihren Schattenwurf bemerkbar. Andere Arten sind aus der Luft oder mit Satelliten-Photogrammetrie erkennbar, weil sie – wie auch antike Grundmauern – Farbanomalien im Boden oder beim Bewuchs verursachen. Oftmals zeugen urkundliche Erwähnungen von Orten, die in der Folgezeit nirgendwo in jener Region erwähnt werden. Weitere Indizien für abgegangene Siedlungen können besondere Nutzungsverhältnisse sein, etwa Gartenareale weit außerhalb bestehender Siedlungen oder Unregelmäßigkeiten in der Dreifelderwirtschaft.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Ortswüstungen, die sich auf die Wohn- und Wirtschaftsgebäude beziehen, und Flurwüstungen, welche die aufgegebenen Äcker und Wiesen bezeichnen. Diese Wüstungen können teilweise oder vollständig wüstfallen (partielle/totale Orts- und Flurwüstung).

Flurformenrelikte wie Langstreifengewannflur, Wölbäcker und Lesesteinhaufen, die man heute noch unter Wäldern findet, deuten auf Flurwüstungen hin.

Hohe Phosphatwerte in Bodenproben, eingesunkene Kellergruben, Hauspodien, Reste von Mauerfundamenten oder alte ehemalige Dorfbrunnen weisen auf Ortswüstungen hin. In Spanien werden verlassene Dörfer despoblados genannt; es gibt sie seit Jahrhunderten.


Weblinks

Quellen