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Kondominium

Kondominium oder Kondominat (von lateinisch con-dominium, also „gemeinsame Herrschaft“, deutsch Gemein- oder Gesamtherrschaft bzw. Samtherrschaft) ist die gemeinschaftlich ausgeübte Herrschaft mehrerer Herrschaftsträger (Kondominanten) über ein Gebiet. Auch das jeweilige Gebiet selbst wird als Kondominium bezeichnet.

Bedeutung

In der europäischen Geschichte gibt es zahlreiche Beispiele für Kondominien. Von der Entstehung her werden Grenz- und Nachfolgekondominien unterschieden: Erstere lassen eine Grenzziehung zwischen zwei Mächten offen, das umstrittene Gebiet wird gemeinsam verwaltet. Letztere entstehen aus nicht aufgelösten Erbengemeinschaften.

Mit der Bildung der modernen Nationalstaaten wurden die Kondominien überwiegend aufgelöst, oft real geteil.

Gegenwärtige Kondominien

Beispiele für heute bestehende Kondominien sind:

  • die Flüsse Our, Sauer und Mosel an den Stellen, wo sie die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg bilden. Gemeinsame Herrschaftsausübung durch die Bundesrepublik Deutschland und das Großherzogtum Luxemburg über die gesamte Wasserfläche der Mosel mit Ausnahme der Schleusenbauwerke. Soweit an der Grenze mit Rheinland-Pfalz befindlich, gilt das Gebiet der drei Grenzflüsse als einziges gemeindefreies Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz (Gemeinschaftliches deutsch-luxemburgisches Hoheitsgebiet). Der etwa zehn Kilometer lange Moselabschnitt, der die Grenze zwischen Luxemburg und dem Saarland darstellt und auch Teil des Kondominiums ist, ist ebenfalls gemeindefreies Gebiet. Die auf dem Wiener Kongress 1815 getroffene Regelung wurde im Jahr 1984 in einem Grenzvertrag bestätigt.
  • der Distrikt Brčko im Nordosten Bosnien und Herzegowinas, dessen Verwaltung sich die Föderation Bosnien und Herzegowina und die Republika Srpska teilen. Faktisch untersteht er jedoch direkt der bosnisch-herzegowinischen Zentralregierung in Sarajevo, hat allerdings eine lokale Selbstverwaltung.
  • die Fasaneninsel, eine unbewohnte Binneninsel und das kleinste Kondominium der Welt, in deren Verwaltung sich Spanien und Frankreich halbjährlich abwechseln.

Andorra war seit dem Frieden von Lleida am 8. September 1278 das älteste Kondominium und stand unter Verwaltung des Bischofs von Urgell und des jeweiligen französischen Staatsoberhauptes. Seit der neuen Verfassung von 1993 ist Andorra kein Kondominium mehr, sondern ein souveräner Staat mit zwei Staatsoberhäuptern (Kofürsten), dem Bischof von Urgell und dem Präsidenten von Frankreich.

Für Gibraltar wurde 2001 von der britischen Regierung als Kompromissvorschlag für die Zukunft der Kronkolonie ein Kondominium mit Spanien vorgeschlagen, von der Bevölkerung Gibraltars aber 2002 in einem Referendum abgelehnt.

Der Obersee des Bodensees wird oft als Kondominium bezeichnet, ist aber durch das Fehlen staatsvertraglicher Regelungen kein solches; auch ist mangels Ausbildung einer gewohnheitsrechtlichen Regelung oder Übereinstimmung auf eine gemeinsame Auffassung ein Kondominium nicht anzunehmen. Die österreichische, überwiegend aber auch deutsche Auffassung ist, dass zwischen den Anliegerstaaten keine Grenze vereinbart ist, sondern die hoheitlichen Aufgaben von den Anrainern Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam wahrgenommen werden.

Österreich betrachtet dabei den gesamten Obersee (wohl ohne den Überlinger See) mit Ausnahme der Halde, des ufernahen Bereichs bis zu 25 Meter Wassertiefe, als Kondominium, während die Schweiz – wie bei Binnengewässern üblich – seit Jahrhunderten von einer Realteilung, d. h. einer Teilung im mittleren Abstand zu den Ufern, ausgeht. Bezüglich des Konstanzer Trichters und des Untersees bestehen zwischen der Schweiz und Deutschland entsprechende vertragliche Vereinbarungen. Der Obersee ist daher eher als „staatsfreies Gebiet“ und als „internationaler Gemeinschaftsraum“ ohne Klärung der Hoheitsgewalt anzusehen, wobei alle in der Praxis auftretenden Fragen durch zahlreiche zwischenstaatliche Verträge auch über die Aufteilung exekutiver Zuständigkeiten ausreichend geregelt sind und diese intensive regionale Zusammenarbeit eine Klärung der Souveränitätsfrage überflüssig macht.


Siehe auch

Weblinks

Quellen