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Kulturraum

Kulturraum bezeichnet allgemein das derzeitige Verbreitungsgebiet (Region oder Land) einer eingrenzbaren Kultur – im Unterschied zum ethnologischenKulturareal“ (Kulturprovinz), das oft ein geschichtliches, ursprünglicheres Verbreitungsgebiet erfasst.

Die Volkskunde beschäftigt sich mit dem europäischem Kulturraum und unterscheidet dabei den überstaatlichen deutschen Kultur- und Sprachraum beispielsweise in einen bairischen Kulturraum in Österreich und Bayern und einen niederdeutschen Kulturraum im Osten der Niederlande und Norden Deutschlands.

Teils verallgemeinernd wird vom französischen oder britischen Kulturraum gesprochen, der auch Überseegebiete und ehemalige Kolonien einschließen kann. In Bezug auf Religionen wird beispielsweise zwischen einem christlich-katholischen und einem islamischen Kulturraum unterschieden.

Kulturraumverdichtung“ bezeichnet einander ergänzende oder miteinander konkurrierende Kulturräume, die sich am selben Ort oder in derselben Region überschneiden, beispielsweise in Grenzgebieten (siehe auch Kulturgrenze, Sprachgrenze).

Kulturraumformung“ bezeichnet die bewusste und unbewusste manipulative Gestaltung des mentalen Wahrnehmungsbildes eines Kulturraumes durch Politik und Gesellschaft. Damit wird die Identifikation des Raumes und der Kultur mit seiner Bevölkerung erreicht, um beispielsweise gebietsmäßige Ansprüche zu begründen.

Bedeutung für die Volkskunde

Im Rahmen der volkskundlichen Erforschung regionaler Unterschiede wird nach der Charakteristik und Entstehung einzelner Kulturräume gefragt. Unterschieden wird dabei in Reliktgebiete und Novationsräume: In einem Reliktgebiet wurden altartige Kulturphänomene über größere Zeiträume hinweg tradiert; in einem Novationsraum hingegen konnten sich technische Errungenschaften sehr rasch durchsetzen und ausbreiten.

Die Kulturraumforschung entwickelte sich in den 1920er-Jahren im Rheinland, breitete sich dann aber in Europa aus. Das Hauptaugenmerk der beteiligten Wissenschaftler lag bis in die 1980er-Jahre auf der Erstellung sogenannter Volkskunde-Atlanten, um die gewonnenen Erkenntnisse optimal veranschaulichen zu können.

Durch die nationalsozialistische Verwendung der Bezeichnung während des Dritten Reichs war die Kulturraumforschung nach 1945 disqualifiziert, so dass sie seitdem nur noch in kleinem Rahmen betrieben wurde.

In der frühen Volkskunde und der deutschen Völkerkunde wurde neben Kulturraum auch die Bezeichnung Kulturareal, gleichsinnig mit „Kulturprovinz“, benutzt.


Siehe auch

Weblinks

Quellen

Bildernachweis