LEXAS

Skip Navigation LinksStartseite > Biogeographie > Vegetationszonen > Regenwald > Tropischer Regenwald

Responsive Ad

Tropischer Regenwald

Als tropischen Regenwald oder tropischen Tieflandregenwald bezeichnet man eine Vegetationsform, die nur in der Klimazone der immerfeuchten Tropen anzutreffen ist. Tropische Regenwälder existieren in Süd- und Mittelamerika, Afrika, Südasien und Südostasien sowie Australien beidseits des Äquators bis ungefähr zum 10. Breitengrad, stellenweise auch deutlich darüber hinaus. In den Andenregion Südamerikas und in der Passat-Monsun-Zone in Ostafrika fehlt der Regenwald dagegen.

Experten unterscheiden zwischen Tieflandregenwäldern bis in etwa 800 Meter Höhe und Nebelwäldern in den darüber gelegenen Höhen- und Bergregionen.

Ökologie

Erscheinungsbild

Charakteristisch für das äußere Erscheinungsbild des immergrünen tropischen Regenwalds ist der so genannte Stockwerkbau, der sich vom Wurzelwerk über die bodennahe Krautschicht und die bis zu fünf Meter hohe Etage des Buschwerks bis hinauf zum dichten Hauptkronendach in 40 Meter Höhe und einzelnen, weit darüber hinaus ragenden Baumriesen erstreckt.

Da in jedem „Stockwerk“ andere, aber relativ konstante ökologische Bedingungen herrschen, haben sich im Verlauf der Evolution in den unterschiedlichen Höhen extrem viele und extrem spezialisierte Tier- und Pflanzenarten entwickelt, die zudem häufig nur in einem kleinen Verbreitungsgebiet leben und daher eine nur geringe Populationsgröße aufweisen. So kommt es, dass die tropischen Regenwälder die weltweit höchste Artenvielfaltdichte sowohl hinsichtlich der Fauna als auch der Flora besitzen.

Aufgrund der hohen Niederschlagsmengen fließen durch viele tropische Regenwälder bedeutende Ströme, an erster Stelle der Amazonas, zum Beispiel in Brasilien, und danach der Kongo, die jeweils die beiden größten Wald-Fluss-Landschaften der Tropen bilden.

Klimatische Bedingungen

Aufgrund der Nähe zum Äquator bleibt die Tageslänge im Jahreslauf weitgehend konstant. Die Sonne steht täglich etwa zwölf Stunden am Himmel, wobei die Dämmerung nicht einmal eine halbe Stunde dauert. Am frühen Vormittag, wenn sich bei zunehmender Sonneneinstrahlung Luft und Boden rasch erwärmen, steigt das verdunstende Regenwasser und das Wasser, das die Pflanzen durch ihre Transpiration abgeben, als feucht-warme Luft nach oben und ballt sich am Himmel in zunehmend dichteren Wolken zusammen. Nachmittags oder abends regnen diese Wolken in der Regel aus, häufig in Verbindung mit einem Gewitter.

Diese ganzjährigen Niederschläge, die im Frühjahr und im Herbst – während der so genannten Regenzeiten – besonders intensiv sind, führen dazu, dass mindestens in zehn Monaten des Jahres ein humides Klima herrscht. Gleichwohl verdunstet eine erhebliche Menge des Regens rasch wieder. Dieser Effekt wird durch das Blattwerk der Vegetation verstärkt, so dass die Vegetation selbst neuerlichen Niederschlag hervorruft. Die Niederschlagsmenge liegt mit jährlich 2000 bis 4000 mm fünfmal höher als in Mitteleuropa, wo die Werte bei 400 bis 800 mm liegen.

Generell ändern sich die Temperaturen in tropischen Regenwäldern nur sehr geringfügig. Die jahreszeitlichen Schwankungen betragen nur etwa 6 °C, die Tageshöchsttemperatur im wärmsten Monat beträgt ca. 30 °C, im kühlsten Monat sind es etwa 24 °C. Auch von Jahr zu Jahr schwanken die mittleren Jahrestemperaturen mit nur 0,5 °C kaum. Am ausgeprägtesten sind die Unterschiede zwischen der Tageshöchst- und der nächtlichen Tiefsttemperatur, die bis zu 10 °C betragen können. Weil unterscheidbare Jahreszeiten mit Vegetationspausen fehlen, bezeichnet man das Klima der tropischen Regenwälder auch als Tageszeitenklima.

Stoffkreisläufe

Immergrüne tropische Regenwälder besitzen aufgrund der ganzjährigen Vegetationszeit von Jahreszeiten unabhängige Stoffkreisläufe. Die Wälder stehen auf dem blanken Quarz uralter, verwitterter Böden (vergl. Abschnitt Bodenbeschaffenheit). Solche Böden besitzen nicht die chemischen Eigenschaften, um Nährstoffe oder Wasser zu speichern. Sämtliche Mineralien, die für die Ernährung der Pflanzen wichtig wären (u. a. Phosphor-, Stickstoff- und Calciumverbindungen), sind daher entweder in die lebende Biomasse überführt oder aber gänzlich ausgewaschen. Dies hat zur Folge, dass die für das Pflanzenwachstum unabdingbaren Nährstoffe ausschließlich über der Erde fixiert sind: In den lebenden oder erst seit kurzem abgestorbenen Pflanzen und Tieren.

Aufgrund der klimatischen Bedingungen werden heruntergefallene Pflanzenteile und Tierkadaver extrem schnell und kontinuierlich durch Destruenten zersetzt. Dadurch stehen alle abgestorbenen organischen Substanzen außerordentlich rasch wieder als anorganische Nährstoffe den Pflanzen zur Verfügung. Die Pflanzen wurzeln in der Regel flach, so dass das Wurzelwerk direkt unter der Oberfläche angesiedelt ist. Wegen des dichten Wurzelwerks versickern die frisch gebildeten Nährstoffe kaum in den Untergrund, sondern werden weitestgehend aufgenommen, bevor sie ausgewaschen oder von anderen Pflanzen verwendet werden. Sogenannte Mykorrhiza überführt dabei die Mineralstoffe unmittelbar nach ihrer Bildung wieder in die Pflanzen.

Einige Pflanzenteile fallen nicht einmal bis zum Boden, sondern werden schon in größerer Höhe zersetzt und von epiphytischen Pflanzen aufgenommen. Fehlt dagegen die Durchwurzelung (z. B. nach Rodungen), so ist der Stoffkreislauf zerstört und die gebildeten Mineralstoffe werden mangels Haltefähigkeit des Bodens schon durch den Regen eines einzigen Tages ausgewaschen.

Bodenbeschaffenheit

Tropische Regenwälder sind wegen der stetigen Versorgung mit Wasser besonders üppig begrünte Gebiete. Dieser Anschein von unbegrenztem Wachstumspotential trügt jedoch, da er nur von der oberhalb des Bodens sichtbaren Vegetation abgeleitet ist. Tatsächlich ist der Untergrund – im Unterschied zu europäischen Mischwäldern – sehr nährstoffarm und damit unfruchtbar.

Seit vielen Millionen Jahren waren die Böden der meisten Regenwälder unentwegt der feucht-warmen Witterung ausgesetzt, so dass das Gestein im Untergrund extrem stark und mancherorts bis zu 50 Meter tief verwittert ist. Zugleich reicherten sich an der Oberfläche Eisenoxide und Aluminiumoxide an, die den Boden vieler tropischer Waldgebiete rötlich erscheinen lassen. Sie bestehen aus Ferralsolen und Latosolen, sehr versauerte, kaolinithaltige Böden mit denkbar geringer Kationenaustauschkapazität. Solche Böden stellen für Pflanzen nur noch eine physische Stabilitätsform für ihre Verankerung dar, für ihre Nährstoffversorgung sind sie dagegen wertlos.

Die üppige Vegetation der heutigen tropischen Regenwälder ist somit Ausdruck einer Anpassung an außerordentlich unwirtliche Böden. Sie existiert seit dem Tertiär (vor 65 Millionen Jahren), weil sich in ihr ein fein abgestimmter, gegen Störungen allerdings anfälliger Stoffkreislauf für organische Stoffe entwickelt hat.

Pflanzen- und Tierwelt

Unter anderem durch die weitläufige Verteilung der einzelnen Baumarten entstand im immergrünen Regenwald die größte Artenvielfalt der Erde. Obwohl die tropischen Regenwälder nur noch 7 % der Erdoberfläche bedecken, befinden sich dort nach verschiedenen Schätzungen zwischen 40 % und mehr als 70 % aller auf der Erde lebenden Arten, das sind möglicherweise mehr als 30 Millionen Tier- und Pflanzenarten.

Menschen im Regenwald

Tropische Regenwälder bieten nicht nur Tieren, sondern auch Menschen eine Heimat. Häufig sind dies indigene Völker, die eine eher isolierte Existenz in den Wäldern führen und weitestgehend eigenständig vom Wald und seinen Produkten leben können. Sie leben in der Regel als Jäger und Sammler, bauen aber auch Obst und Gemüse an, einige in Form des den ökologischen Verhältnissen angepassten Stockwerkanbaus. Einige, wie die Pygmäen-Völker in Zentralafrikas tropischen Regenwäldern, identifizieren sich selbst als „Waldvölker“.

Weitere Beispiele für Menschen im Regenwald sind die Palawan, ein indigenes Volk mit etwa 40.000 Angehörigen, das seit Tausenden von Jahren die inzwischen letzten verbliebenen Stücke tropischen Regenwaldes auf der philippinischen Insel Palawan bewohnt. Auch im Amazonas-Regenwald in Brasilien und Peru lebt eine Vielzahl indigener Völker. Dazu zählen große Gruppen wie die Yanomami mit über 30.000 Angehörigen, aber auch viele kleinere, unkontaktiert lebende Gruppen mit nur wenigen hundert Mitgliedern, die meist als Nomaden im Regenwald leben.

Durch die Gefährdung des tropischen Regenwaldes geraten auch indigene Völker und ihre Lebensweise unter Druck. Häufige Probleme sind Rodung des Regenwaldes und Erschließung zur Rohstoffausbeutung. Die Durchsetzung der international anerkannten Rechte indigener Völker (z. B. das Übereinkommen über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern) kann auch zum Schutz des Regenwaldes beitragen. Der Yanomami-Park in Brasilien beispielsweise, das größte anerkannte indigene Gebiet im tropischen Regenwald weltweit, stellt eine Fläche von 9,6 Millionen Hektar Regenwald für die Yanomami zur Verfügung und hat das Eindringen von Holzfällern und Goldgräbern minimiert.

Gefährdung des tropischen Regenwaldes

Die fünf großen Regenwaldgebiete in Asien, Afrika, Madagaskar, Südamerika und Neuguinea sind zu unterschiedlichem Ausmaß durch unterschiedliche menschliche Aktivitäten gefährdet. Kommerzielle Holzentnahme ist in zunehmendem Ausmaß die wichtigste Ursache, besonders in Südostasien. Jagd auf große Wirbeltiere in zugänglichen Waldgebieten kann große Auswirkungen auf die Ökosysteme haben. Waldbrände, die nach Rodungen von Bauern gelegt werden, sind ein zunehmendes Problem. Insgesamt wird die Abholzung durch Kleinbauern dominiert, wenngleich großflächige, kommerzielle Monokulturen zunehmend relevanter werden, insbesondere Ranching in der Neotropis. Politische Instabilität und bewaffnete Konflikte bereiten in einigen Regionen wie Afrika zusätzlich Probleme.

Im Jahre 1950 wurde die Ausdehnung der tropischen Regenwälder auf 16 bis 17 Millionen km² geschätzt, also etwa 11 % der Landfläche der Erde. Im Jahre 1982 zeigte die Auswertung von Geländeuntersuchungen, Luftaufnahmen und Satellitenbildern, dass nur noch 9,5 Millionen km² übrig waren. Eine erneute Bestandsaufnahme im Jahre 1985 zeigte die Vernichtung einer weiteren Million km².

Die Entwaldungsraten variieren deutlich zwischen den Regionen, am höchsten sind sie derzeit in Südostasien (Indonesien). In den nächsten Jahrzehnten ist aufgrund von Bevölkerungswachstum mit einer Verschärfung der Gefährdung zu rechnen.

Einfluss auf das Klima

Global

Bäume nehmen das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre auf. Ein bestehender Wald stellt somit einen CO₂-Speicher dar. Allerdings sind solche Wälder keine CO₂-Senken, da bei einem Primärwald am Ende der Sukzession keine Nettozuwächse mehr stattfinden, und somit auch keine CO₂-Fixierung. Wird ein Wald gerodet, so wird der in ihm gespeicherte Kohlenstoff unmittelbar (Brandrodung) oder zu einem späteren Zeitpunkt freigesetzt.

Lokal

Weiterhin verdunsten Bäume Wasser und fördern damit die Wolkenbildung. Die riesigen Verdunstungswolken, die aus dem feuchten Wald täglich aufsteigen, lassen die direkten Strahlen der Sonne oft gar nicht erst bis zu den Baumkronen vordringen und kühlen die Erde bereits in der Atmosphäre. Das Wasserpotential der Wolken über den Regenwäldern ist gewaltig. So haben Forscher errechnet, das ein Wassertropfen fünf- bis sechsmal über dem Amazonasgebiet verdunstet und wieder herabregnet, bevor er einen der vielen Flüsse erreicht.

Wenn man den Regenwald rodet, bricht dieser Wasser- und Kühlkreislauf unter Umständen zusammen. Ohne Wald trifft die Sonnenstrahlung auf den ungeschützten Boden und erwärmt dort die Erdoberfläche. Der Boden kann austrocknen. Dann bilden sich über dem ehemaligen Waldgebiet viel weniger oder gar keine schützenden Wolken. Die genauen Folgen der Entwaldung auf den Wasserhaushalt hängen jedoch von den örtlichen Gegebenheiten ab.


Quellen

Bildernachweis

Weblinks